Weihnachten im Islam?

Weihnachten steht vor der Tür. Der Weihnachtsbaum ist geschmückt, die Lichterketten leuchten schön und der Einkauf von Weihnachtsgeschenken ist in vollem Gange. Inmitten des ganzen Trubels begegnet vielen Muslimen häufig diese Frage: „Feiert ihr eigentlich auch Weihnachten?“

Um es hier schon vorweg zu nehmen: Weihnachten findet in der Kategorie der islamischen Festlichkeiten keinen Platz. Überhaupt kennt der Islam eigentlich nur zwei Feste: Das Opferfest, das im Rahmen der Pilgerfahrt stattfindet und das Fest des Fastenbrechens, das zum Abschluss des Monats Ramadan gefeiert wird. Im Laufe der Geschichte haben sich jedoch weitere Feste eingeschlichen. Zum Beispiel wird seit dem Fatimidenkalifat (899-1171) in vielen Gegenden der Geburtstag Muhammads gefeiert. Zur Geburt des Propheten äußert sich der Koran in keinem einzigen Vers.

Anders verhält es sich im Koran mit der Geburt Jesu. Diese Geschichte, die gegenwärtig besonders von christlichen Freunden des Christlich-islamischen Dialogs gerne als Weihnachtsgeschichte bezeichnet wird, ist in der 19. Sure „Maria“ in den Versen 16-36 ausführlich dargestellt.

Zu Beginn dieses Abschnitts ist von einer Begegnung Marias mit dem Erzengel Gabriel die Rede, der ihr einen lauteren Sohn beschert. Auf die Frage Marias, wie sie denn als Jungfrau einen Sohn bekommen solle, erklärt der Engel, dass es für Gott leicht zu bewerkstelligen sei. Ihr Sohn soll zu einem Zeichen für die Menschen gemacht werden.

Daraufhin bringt sie ihn an einem entlegenen Ort unter einer Dattelpalme zur Welt. Das Kind ist schon in der Wiege des Redens mächtig und verteidigt die Ehre seiner Mutter vor dem verblüfften Volk, indem er ihnen erklärt, dass er ein Diener und Gesandter Gottes sei.

Im Allgemeinen misst der Koran Jesu einen bedeutenden Stellenwert bei. Er wird, über 93 Verse verteilt, in 15 Suren namentlich erwähnt und neben seiner wundersamen Geburt werden unter anderem seine Gaben, wie etwa die Heilung von Kranken und die Erweckung von Toten zum Leben geschildert.

Aber kehren wir nun zu der Eingangsfrage zurück. Weihnachten ist im Islam an sich kein Feiertag. Aber wie gehen Muslime mit Weihnachten und seinen vielen Symbolen um?

Der Weihnachtsbaum, die Lichterketten, der Geschenke verteilende Weihnachtsmann und die Jingle Bells- Melodie sind der islamischen Welt gut bekannt. Doch diese weihnachtlichen Merkmale verbinden Muslime mehr mit den Feierlichkeiten des Jahresabschlusses als mit der Geburt Jesu an den drei Weihnachtstagen. So verteilt der „muslimische“ Coca-Cola Weihnachtsmann seine Geschenke unter den Kindern an Silvester und nicht an Weihnachten.

Die Teilnahme an Weihnachten drückt sich in der islamischen Welt vor allem damit aus, dass an Heiligabend der Gottesdienst aus diversen Kirchen in zahlreichen Fernsehkanälen live ausgestrahlt wird. Besonders beliebt ist hierbei die Nachtmesse in der Geburtskirche in Betlehem, die letztes Jahr, wie ich selbst beobachten konnte, in mehreren Kanälen parallel gesendet wurde. Des Weiteren werden verschiedene Beiträge zu Jesu Geburt und Leben ausgestrahlt und den christlichen Mitbürgern zu ihrem Fest gratuliert. Hohe muslimische Würdenträger, wie etwa im Libanon, Ägypten oder auch Palästina haben in den letzten Jahren diese Gottesdienste besucht und somit diesen Anlass für eine Friedensbotschaft an ihre Nationen genutzt.

Weihnachten als Fest für Muslime ist aber nicht festzustellen. Mir ist zumindest nicht bekannt, dass man in einem muslimischen Land im familiären Kreis pflegt Weihnachten zu feiern. Man besucht christliche Freunde und wünscht ihnen ein frohes Fest, beschenkt sie vielleicht auch, aber Weihnachten ist das Fest der Christen.

Und wie sieht es in Deutschland aus?

Wie verbringen Muslime hier Weihnachten? Mit Sicherheit sieht die Mehrheit der hier lebenden Muslime in Weihnachten ein ausschließlich christliches Fest, aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es durchaus Muslime gibt, die Bräuche des Weihnachtsfestes teilen. So gehört in vielen muslimischen Haushalten am ersten Weihnachtstag eine wohlschmeckende Weihnachtsgans auf den Tisch, die von der versammelten Familie verspeist wird. Und ganz ehrlich, wer will schon den schönen Spaziergang durch den Weihnachtsmarkt, das Weihnachtsgebäck oder Lebkuchen missen? Und die Freude muslimischer Kinder über die leckeren Schokoladen Nikoläuse ist genauso groß wie bei christlichen.

Auch wenn der Koran die Geburt Jesu sehr bewegend darstellt und dies als eine der herausragenden Zeichen und Wunder Gottes bewertet, so ist Weihnachten mit all seinen Bräuchen ein christliches Fest. Wenn das Fest einen religiösen Stellenwert hat, dann kann es diesem auch gerecht werden. Ich weiß nicht, ob es wirklich der richtige Weg ist, aus kommerziellen Gründen oder vielleicht auch als Zeichen der Toleranz, die religiösen Werte des höchsten christlichen Festes in den Hintergrund zu drängen.

Ich finde es aber schön, dass Muslime und andere Nichtchristen einige Bräuche des  Weihnachtsfestes annehmen und sich daran erfreuen können.

Und da Jesus im Islam den Status eines großen Propheten einnimmt, ist es mit Sicherheit kein Vergehen, wenn auch Muslime an den Weihnachtstagen seiner Gedenken.

In diesem Sinne: Frohe und besinnliche Weihnachten!

Quelle: http://scilogs.spektrum.de/der-islam/weihnachten-im-islam/